Mit dem Tag der Eheschließung leben die Eheleute in dem gesetzlichen Güterstand der sogenannten Zugewinngemeinschaft.
Viele Ehepaare gehen aufgrund dieses Begriffs fälschlicherweise davon aus, dass Ihnen beiden mit dem Eintritt in den Ehestand das gesamte Vermögen – also das eigene und das des Ehepartners gemeinsam gehört und im Falle der Ehescheidung, also im Rahmen des sogenannten Zugewinnausgleichs das gemeinsame Vermögen hälftig geteilt wird.
Richtig ist aber, dass jeder Ehepartner in den Stand der Ehe mit seinen eigenen vermögenswerten Rechten (z.B. Rückforderungsansprüche wegen gewährter Darlehen) und Gütern (z.B. Immobilien, eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb, Gesellschafteranteilen, Lebensversichrungen auf Kapitalbasis, Wertpapier- und Aktiendepots, Sparkonten, Schmuck, Kunstwerke usw.) und auch seinen eigenen Verbindlichkeiten /Schulden (z.B.: sehr häufig Kreditrückführungsverpflichtungen wegen Hausfinanzierung) eintritt.
Der sich daraus ergebende positive oder aber auch negative Vermögensbestand bildet am Stichtag der Eheschließung das Anfangsvermögen eines jeden Ehegatten.
Mit der Zustellung des Ehescheidungsantrags ist die Ehezeit im rechtlichen Sinne beendet. Dieser Stichtag ist wesentlich für die Bestimmung des Endvermögens. Jeder Ehegatte hat an diesem Tag wieder die oben aufgeführte Bilanz zu ziehen, d.h., aktive und passive Vermögenspositionen gegenüberzustellen, um den aktiven oder passiven Vermögensbestand festzustellen.
Ergibt sich bei einem Ehegatten ein höheres Endvermögen als Anfangsvermögen vorhanden war, hat er während der Ehezeit einen Zugewinn
erwirtschaftet. Nur von diesem Zugewinn muss er dann wertmäßig die Hälfte an den anderen Ehegatten auszahlen und zwar in dem Fall der andere Ehegatte keinen Zugewinn erwirtschaftet hat. Hat auch der andere Ehegatte einen Zugewinn erwirtschaftet, ist die Differenz der beiden Zugewinne zu ermitteln und von demjenigen, der den höheren Zugewinn erwirtschaftet hat, die Hälfte der Differenz an den Ehepartner zu zahlen, der weniger Zugewinn erwirtschaftet hat.
Beispiel: Ein Zugewinn des Ehemann von 500.000 € minus eines Zugewinns der Ehefrau von 80.000 € ergibt die Differenz von 420.000 €
Die Ehefrau hat gegen den Ehemann einen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 210.000 €. Rechnerisch hat dann jeder Ehegatte nach Durchführung des Zugewinnausgleichs einen wirtschaftlichen Zugewinn während der Ehe in Höhe von 290.000 €.
Dieses Ergebnis findet der Gesetzgeber gerecht vor dem Hintergrund, dass üblicherweise die Ehefrauen ehegemeinsame Kinder eheabredegemäß zu ganz überwiegenden und maßgeblichen Anteilen betreuen und erziehen und den Haushalt führen, während die Ehemänner für das Erwerbseinkommen sorgen. Wirtschaftlich führt das generell dazu, dass die Ehefrauen einen Karriereknick erleiden und grundsätzlich keine oder nur eine deutlich geringere Möglichkeit haben, Vermögen aufgrund eigenen Erwerbseinkommens zu bilden.
Gleicher Grundgedanke eines ehegerechten Ausgleichs findet sich parallel dazu in dem immer mit der Ehescheidung durchzuführenden Versorgungsausgleich, der nach einer grundlegenden Reform im Jahre 2009 nicht mehr nach dem oben genannten Ausgleichsprinzip (nur ein Ehegatte hat einen Anspruch gegen den anderen, um eine Differenz auszugleichen) stattfindet, sondern in eine Realteilung aller während der Ehezeit erworbenen Altersvorsorgeanrechte eines jeden Ehegatten (Hin-und Her-Ausgleich) übergegangen ist.
Der Zugewinnausgleichsanspruch ist gesetzlich als Geldanspruch ausgestaltet, was bedeutet, dass eigentlich immer (wesentliche) Vermögensteile oder gar das Vermögen als Ganzes liquidiert werden muss, um die Zahlung an den (geschiedenen) Ehegatten vornehmen zu können.
Die gesamtgesellschaftliche Entwicklung in Deutschland weicht heute bereits maßgeblich von der vormals gelebten Ehe-und Familiengestaltung ab, da Frauen zunehmend hochqualifiziert erwerbstätig sind und ehegemeinsame Kinder in vielfältigen Eltern – und Fremdbetreuungsmodellen großgezogen werden.
Daher erfordern gerade auch die wirtschaftlichen Vorstellungen der Eheleute für den Fall der Ehescheidung eine individuell angepasste Gestaltung des Zugewinnausgleichs.
Weitere individuelle Gestaltungserfordernisse ergeben sich aus der Tatsache, dass die Liquidation von Vermögen, um einen Zugewinnausgleichanspruch befriedigen zu können, sich oftmals als existentielle Bedrohung darstellt, wenn das wesentliche oder alleinige Vermögen in Form eines Familienunternehmens oder einer (Familien)Wohnimmobilie gegeben ist.
Der Gesetzgeber eröffnet den Eheleuten sehr weitreichende Möglichkeiten, den Zugewinnausgleich anders zu gestalten, d.h., z.B. einzelne Vermögensgegenstände zu übertragen, Abfindungssummen leisten und dafür einen Vermögensgegenstand ganz aus dem Zugewinn herauszunehmen usw. (modifizierter Zugewinnausgleich).
Auch können andere wirtschaftliche und vermögensrelevante Aspekte, die im Zusammenhang mit der ehelichen Lebensgestaltung und der Nachscheidungssituation stehen, in eine individuelle Gestaltung des Zugewinnausgleichs mit einbezogen werden.
Hier sollte rechtzeitig und oft bereits vor der Eheschließung und/oder vor der unmittelbar bevorstehenden Ehescheidung individuelle Verträge ausgehandelt und friedfertig abgeschlossen werden, um nachträgliche nerven- und kostenaufwendige streitige, eventuell sogar gerichtliche Auseinandersetzungen und existentielle Gefährdung zu vermeiden.
Bitte informieren Sie sich dazu auch eingehend hier auf unserer Homepage unter der Rubrik „Eheverträge und Scheidungsfolgenvereinbarungen“.
Die Gütertrennung bedeutet nichts anderes, als dass jeder Ehegatte im Falle der Scheidung sein eigenes Vermögen behält und ein eventueller Zugewinn nicht ausgeglichen wird.
Die Gütertrennung ist also ein sehr starres Gebilde, das auf wirtschaftliches Ungleichgewicht in der Ehe nicht eingeht. Daher ist es in den meisten Fällen auch ungeeignet, den Vorstellungen der Eheleute, die sich meist grundsätzlich mit der Ehe in eine besondere Fürsorgegemeinschaft eingebettet sehen, gerecht zu werden.
Oftmals wird die Gütertrennung sinnvollerweise ehevertraglich zwischen älteren Verlobten vereinbart, die bereits aus vormaligen Ehen erwachsene Kinder haben und diese und deren Kinder mit ihrem Vermögen bedenken wollen, nicht aber den neuen Ehepartner, der meist selbst bereits hinreichend abgesichert ist.
Gewünscht ist in diesen Fällen auch oft die Kombination mit einem gegenseitigen Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag.
Im Falle des Ablebens des erstversterbenden Ehegatten wird der Zugewinn nach dem Gesetz pauschal dadurch durchgeführt, dass zu dem gesetzlichen Ehegattenerbrecht (1/2 des Nachlasses neben den Abkömmlingen des Erblassers) ein weiteres Viertel dazukommt. Dies bedeutet, dass der Ehegatte, der im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat, zu ¾ neben den Kindern des Ehemannes erbt.
Glaubt er, mit einem konkreten Zugewinnausgleich wirtschaftlich besser zu fahren, kann er erbrechtlich auch diesen Weg wählen.
Bei gerichtlichen Auseinandersetzungen über den Zugewinn herrscht nach dem Gesetz Anwaltszwang, d.h., ohne anwaltliche Vertretung kann man in einem gerichtlichen Verfahren keine prozessrelevanten Erklärungen abgeben. Daher ist es notwendig und auch durchgehend in der Rechtspraxis üblich, sich bereits außerhalb des gerichtlichen Verfahrens anwaltlicher Hilfe zu bedienen, um seine Ansprüche – gerichtet auf Feststellung und Leistung eines Zugewinnausgleichsanspruchs bzw. Abwehr von Leistungsansprüchen – zu sichern.
Außergerichtliche Vereinbarungen über den Zugewinnausgleich bedürfen zu ihrer Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit der notariellen Beurkundung.
Der Rechtsanwalt ist bei komplexen Sachverhalten auch allein kompetent, anhand obergerichtlicher Rechtsprechung umfassend zu beraten über den Erhalt einzelner Vermögensbestandteile (privilegiertes Anfangsvermögen bei Schenkungen und Erbschaften), unlauteren Entzug von Vermögensbestandteilen, Schwiegereltern- Schenkungen, usw.
Um Ihnen die Darstellung Ihres Zugewinns zu erleichtern, arbeiten wir auch mit verständlichen Formularbögen, die Sie in Ruhe und System zu Hause ausfüllen können, sodass auch umfassendere und verschiedenartige Vermögensbestandteile, die für den Zugewinnausgleich maßgeblich sind, alle erfasst werden und nicht in Vergessenheit geraten, insbesondere auch die Verbindlichkeiten, die den aktiven Werten gegenüberstehen.
Diese Fragebögen erhalten dann auch im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Auskunftsanspruchs die gegnerischen Ehepartner, damit auch dort nicht Vermögensbestandteile vergessen werden, die hätten angegeben und belegt werden müssen.
Wir helfen Ihnen bei der Bemessung des Wertes von Immobilien, des von Ihnen betriebenen Unternehmens, um kostenaufwendige
Sachverständigengutachten möglichst zu vermeiden.
Wir beraten Sie auch umfassend über alle Ihre vermögensrechtlichen Ansprüche, die eng mit dem Zugewinnausgleich im Zusammenhang stehen, aber außerhalb davon rechtswirksam geregelt werden müssen, wie zum Beispiel die Durchführung des Gesamtschuldnerausgleichs im Falle der ehegemeinsamen Rückführungsverpflichtung aus Immobilienfinanzierungskrediten.